Auf der Pressekonferenz des ACO wird das neue Topklassenkonzept für
die Mitte 2020 beginnende Saison erstmals vorgestellt. Laut dem Entwurf der
vorläufig "Hypercar" genannten Klasse steht eine Kostenreduzierung im
Vordergrund die den Herstellern ein Einsatzbudget von nur noch einem
Viertel des derzeitigen Budgets ermöglichen soll. Zur Erinnerung:
Porsche und Audi hatten 2016 Budgets in der Grössenordnung von 200
Millionen Euro für den Einsatz ihrer über 1000PS starken Hybrid-LMP1
verbraten. Auch bei Toyota war das Budget deutlich 9-stellig. Offiziell
spricht der ACO von einer anvisierten Summe von 30 Millionen Euro die
ein Werkseinsatz in Zukunft kosten soll, wobei wohl davon auszugehen ist
das Hersteller Mittel und Wege finden werden zur Not auch das Doppelte
in die Entwicklung eines entsprechenden Autos rein zu pumpen.
Bei den Motoren wird abgerüstet, wobei den Herstellern eine
grösstmögliche Freiheit bei den Triebwerkskonzepten zugestanden und das
Hybridkonzept beibehalten wird. Die Triebwerke sollen ohne Hubraum- und
Zylinderbegrenzung freigestellt, jedoch im Renntrimm auf 700PS
Motorleistung begrenzt werden. Das Hybridsystem an der Vorderachse, das
die Wagen im Prinzip zu Allradautos macht, wird in seiner Leistung auf
maximal 271 PS begrenzt. Das bedeutet eine Systemleistung von 970 PS -
weniger als die Hybridmonster a la Audi, Toyota und Porsche
geleistet haben. Die ECU wird ein Einheitsteil werden um die Motordaten
standardisiert auswerten zu können. Das Hybridsystem wird auch teilweise
standardisiert - in der Form das es zuerst einen approbierten
Hersteller
geben wird, die Hersteller aber die Freiheit bekommen ein eigenes System
zu entwickeln, unter der Auflage das man dieses per Verkauf den
Konkurrenten zugänglich machen muss.
Neben weiteren Nebensächlichkeiten (Mehr
Pilotinnen im Feld - dieses Jahr startet mit Christina Nielsen
lediglich eine Frau; vermutlich will man die Quote 2019 um 100%
steigern; Einführung einer E-Sport-Serie unter dem namen
lemansesport.com für die Microsoft Forza-Plattform) war lediglich eine
Ankündigung für 2024 erwähnenswert: Dann soll definitiv eine
Wasserstoffbrennstoffzellenklasse für interessierte Hersteller
eingeführt werden. Zu dieser Ankündigung gab noch keine technischen
Details zu berichten, wie wir auf Nachfrage bei Richard Mille (Präsident
der FIA-Endurance-Kommission) erfuhren.
"Wir haben jetzt erst mal nur dieses Datum bekannt gegeben, damit die interessierten Hersteller sich langfristig darauf vorbereiten können. Die technische Entwicklung des Wasserstoffbrennstofzellenantriebs macht grosse Fortschritte, ist aber noch sehr in der Anfangsphase. Wir glauben das dies ein grosses Potential sowohl für die Serie als auch für den Langstreckesport beherbergt. In welcher Form diese Klasse dann eingebunden wird ist zur Zeit völlig offen. Wir sind in Diskussionen mit den interessierten Herstellern und werden rechtzeitig ein passendes Regelement ausarbeiten."
David Richards von Aston war mit am Ausarbeiten des Hypercar-Konzepts
beteiligt. "Man darf sich das nicht so vorstellen das nun die Hypercars
aus Strasssenfahrzeugen umgebaut werden, so wie im GT-Sport. Es sind
Prototypen die ein Styling basierend auf einem Strassensportwagen
bekommen sollen. Das heisst ein potentieller "Valkyre"-Hypercar wir
lediglich nach dem Aussehen der Valkyre geformt, hat dann aber technisch
mit Ausnahme von Motor und Teilen des Antriebsstrangs wenig mit dem
Strassensportwagen gemein."
Bei BMW zeigt sich Sportschef Jens
Marquart zumindest von der Wasserstoffbrennstoffzellenoption
interessiert. "Wir arbeiten ja schon lange an dieser Option, von daher wäre es
sogar sehr serienrelevant für uns. Le Mans wäre ein gutes
Entwicklungsfeld und wir haben bereits in der Vergangenheit ein Garage
56-Projekt in der Richtung evaluiert. Das ist allerdings nun
obsolet, wenn der ACO 2024 dafür eine eigene Klasse ausschreiben würde.
Wir wollen Mitte der kommenden 20´er Jahre mit entsprechenden Autos in die Serie
gehen, von daher würde der Zeitplan für diese neue Klasse perfekt für
uns passen." Marquart vergleicht die potentielle Serienrelevanz eines
entsprechenden Programms mit dem der Formel E wo man auch Rennsportentwicklung und Serienentwicklung miteinander verzahnt.
Mit der Premiere der neuen M8 GTE ist
Marquart eingeschränkt zufrieden. "Topspeed und die Geschwindigkeit auf
den Geraden sind sicher nicht unsere Stärke. Vielleicht bekommen wir ja
noch Unterstützung von der Einstufung, da uns 2,5s auf den schnellsten
Porsche fehlen. Zumindest sagen unsere Fahrer das wir ein sehr
ausgewogenes und ausbalanciertes Paket am Wagen haben. Der Wagen sieht
auch sehr stabil aus." Der BMW-Sportchef will sich bezüglich Fragen nach
einer GT3-Version des M8 nicht festlegen lassen: "Der M6 GT3 hat
jetzt gerade ein Evo-Paket bekommen, das laut den Kunden gut funktioniert
und daher wird er wird bis 2019 noch das Modell der Wahl sein. Danach werden wir
schauen was in unserem Produktportfolio als potentieller GT3-Nachfolger
in Frage kommt. Der M8 ist dabei nur eine der Optionen die es bis dahin
geben wird."
Doch zu den Fakten: Die neuen Topautos kann man sich übertrieben gesagt als ein DTM-ähnliches Chassisiskonzept vorstellen. Die Basis des Chassis und des Sicherheitspakets wird einheitlich reglementiert sein, Doch darüber hinaus bekommen die Hersteller beim Motor und beim Styling der Autos alle Freiheiten. Allerdings sollen ihre Autos ein mehr GT-ähnliches Aussehen bekommen, das an Strassenmodellen von Super- bzw. Hypercars der entsprechenden Hersteller angelehnt ist. Die Autos werden von den Cockpitdimensionen her wieder als 2-Sitzer ausgelegt, nachdem die LMP2 und LMP1 in den letzten Jahren immer mehr zu Monopostos verkommen sind. Sie bekommen ein grösseres Cockpit und sollen breitere Scheiben bekommen, damit man sie wieder mehr mit Wagen der Hersteller assoziieren kann. Aerodynamische Kennziffern wie Downforce und Luftwiderstand werden limitiert und sollen bestimmte Werte nicht überschreiten. Das Design wird vorab im Windkanal homologiert, per Scan festgeschrieben und mit jeweils einem Aerokit pro Saison homologiert. Allerdings soll es ein definierbares Set an mobilen Flügeln zur Rennabstimmung geben.
Ein Name für die neue Kategorie ist noch nicht fixiert. Sie wird
nicht LMP1 heissen. Eventuell wird der Name in einem Wettbewerb unter
den ACO-Fans ausgeschrieben. (Für den spontanen Vorschlag "GT-Eins" des
Autors dieser Zeilen fand sich im ACO-Präsidium leider keine Mehrheit)
die Details des ab Mitte 2020 gültigen Reglements sollen Ende November
fixiert werden.
Die neue Klasse soll nach anderen Quellen zu Beginn der Saison
2020/21 eingeführt werden und somit 2021 bei den 24h an der Sarthe
debütieren. Dort soll sie in dieser Form zumindest für 4 Jahre an den
Start gehen.
Le Mans Kenner werden sich grob daran erinnern. das bereits 2005/6
für das neue LMP1-Reglement 2007 Entwürfe einer Corvette LMP1 kursierten,
die nach ähnlichen Grundlagen konstruiert werden sollte - wie man weiss
kam es anders und die entsprechenden Entwürfe wurden dann bei der
ersten Generation der Daytona Prototypes verarbeitet ....
Bezüglich des Hypercar-Regelements gibt
es auch bei einigen aktuellen LMP1-Herstellern grosses Interesse wie
Oreca-Chef Hugues de Chaunac uns bestätigte. "Ja wir werden sicher auch
in dieser Klasse wieder involviert sein. Wir sind in Gespräch mit
mehreren Herstellern, können aber noch nicht sagen wer. Allerdings
wollen wir Ende des Jahres dazu konkretere Angaben machen können.
Bezüglich der aktuellen LMP1 ist es für uns keine Überraschung das
diese nach nur 2 1/2 Jahren obsolet werden. Das war bereits im Vorfeld
bekannt."
Zur Erinnerung: Oreca baut sowohl
die LMP1-Wagen für Rebellion, die seit Beginn der Supersaison einen
Sponsorvertrag mit dem britischen Sportwagenhersteller TVR haben, als
auch - neben zahlreichen Kundenchassis - die LMP2-Oreca für das Signatech Alpine-Team, wobei Alpine eine
Unterdivision aus dem Renault-Konzern ist. Signatech wird dabei von
Renualt-Sport mehr oder weniger grosszügig unterstützt. Das macht mit
Renault, TVR, Alpine und Rebellion als Mischkonzern gleich 4 potentielle Partner für ein Hypercar-Konzept.
BMW-Pilot Alexander Sims kennt die Strecke bereits von seinem ersten Auftritt mit dem Status GP Lola von 2011. "Uns fehlt halt ein wenig Speed mit dem Wagen. Ich will jetzt keinen Grund dafür benennen. Wir wollen kontinuierlich durchfahren und ohne Probleme durchkommen."
Für Teamkollege Martin Tomczyk ist es der erste Le Mans Auftritt. "Das ist schon sehr speziell und aufregend hier. Wir sind schon seit 2 Wochen hier und haben das Setup kontinuierlich bis zum Ende entwickelt, so das wir jetzt nur noch wenig Spiel dabei haben. Das Auto liegt gut. Der Rest von Speed muss nun woanders her kommen - ohne das ich jetzt zu viel auf die BoP schimpfen möchte. Aber 2 1/2s auf den schnellsten Porsche sind schon eine Hausnummer. Wir als Fahrer können jetzt nur noch wenig machen und uns lediglich ins Auto setzen und zusehen das wir ohne Fehler durchfahren."
Bei der Scuderia Villorba Corse geht der Wiederaufbau des am Donnesrstag abend zerstörten Wagens voran Dallaras
voran, wie man uns beim Team erzählt. "Wir haben die letzten Teile von
Dallara heute bekommen und werden schon heute abend die Aufhängungsteile
komplett haben. Über Nacht wird dann das Bodywork komplettiert, so das
wir morgen im Warmup wieder teilnehmen können. Wir haben die
Unfallursache noch nicht evaluierten können. Es war wahrscheinlich eine
technische Ursache. Die Details werden wir erst nach Le Mans erkunden,
weil wir hier zu sehr mit dem Wideraufbau beschäftigt sind."
Während Porsche zugibt das man am in
Indianapolis eingeschlagenen Porsche von Sven Müller ein neues
Ersatzchassis bauen musssste bleibt weitgehend unerwähnt, das Bruni bei
seinem Dreher nach der Rekordrunde den Motor in die ewigen Jagdgründe
geschickt hat.
Proton-Teamchef Christian Ried erzählt
uns, das man sich
zwar am Donnerstag abend noch einmal für weitere Rekordrunde bereit
gemacht hat: .. aber dafür war es dann am Ende zu feucht. An die Runde
von Bruni wären wir auch nicht annähernd herangekommen, da
unsere AM-Porsche von der BoP her 10kw weniger Leistung und 10kg mehr
Gewicht aufweisen. Im Rennen ist eine Zeit wie die von Gimmi eh
illusorisch weil du dort viel mehr Verkehr hast."
Bei Ford kennt Dirk Müller noch einen weitern Grund: "Bruni hat als
einer der wenigen die Curbs in den Ford-Schikanen genutzt. Wenn du
die auslässt, bis du 2s langsamer wie wenn du die volley nimmst. Von
daher muss man auch das Gejammere über die BoP einiger Hersteller
relativieren, da diese zum Teil die Curbs aus was auch immer für Gründen ausgelasssen haben ."
Bei Porsche erzählt Gianmaria Bruni, das
er eine nahezu perfekte Runde hatte. Ich hatte 2 mal einen sehr guten
Windschatten, einmal auf der gesamten Hunaudiers--Geraden bis kurz vor
Mulsanne und dann noch anschliessend auf der gerade herunter bis nach
Indianapolis . Jedes mal konnte ich die Wagen direkt nach den Kurven
überholen und sonst waren die Runden verkehrsfrei. Auch war der Wagen
perfekt ausbalanciert. das hätte nicht besser passen können.
Der deutsche Fordpilot ist sehr offen, was die Details der Streckenkenntnis angeht. "Bruni ist halt ein saustarker
Pilot. das weiss ich, weil ich ihn auch mal als Teamkollege hatte. Zudem
darf man nicht vergessen das sich hier reifenmässig sehr viel getan hat.
Wir haben sehr viel getestet mit beiden Testwagen des Teams - dem
amerikanischen und dem europäischen. Bei jedem Test waren dieses jahr
beide Wagen vor ort. das haben wir entschieden nachdem wir 2017
nicht so happy mit der Reifenperformance waren während wir 2016 mit dem
IMSA-Reifen von Michelin das gesamte Rennen durchgefahren sind. Aber die
Reifenentwicklung ist nun viel weiter. jetzt hast du hier 3
verschiedene reifen für 3 temperaturfenster, die auch wirklich nur
innerhalb dieser Temperaturfenster gut funktionieren."
"Unsere Motoren leisten ungeregelt bis
zu 800 PS hier sind sie auf eine Leistung von etwa 500 PS herunter
geregelt. Das bedeutet das wir eine deutlich haltbarere Basis haben als
die Mootoren von Porsche die aufgrund der Konzept deutlich mehr am Limit
sind. Wir fahen aber nun trotz der 4 Wagen keine unterschiedlichen
Strategien. Unsere mannschaft ist der Ansicht das das Rennen von vorne
her gewonnen wird, Von daher geben alle 4 Teams Vollgas".
Müller enthüllt daneben auch das alle 3 Piloten auf der #67 je 2 Abflüge mit dem Auto hinnehmen mussten. Zur Erinnerung: Das ist der Wagen der in Spa den massiven Abflug in der Eau Rouge verzeichenen musste...