Am vorletzten Juli-Wochenende findet zum 2.Male die FIA Langstrecken Weltmeisterschafts-Runde am Nürburgring
statt. Das im vergangenen Jahr mit einem grossen Zuschauererfolg
veranstaltete Rennen (über 30.000 Besucher am Renntag) sieht in diesem
Jahr ein Starterfeld von 33 Teams am Start. 9 LMP1, 11 LMP2, 7 GTE-Pro
und 6 GTE-Am starten am kommenden Sonntag über die 6h-Distanz.
Die Le Mans Revance läuft mit einem leicht veränderten Fahrerfeld:
bei den Werks-LMP1, bei denen alle 3 Hersteller Porsche, Audi und Toyota
erstmals die High-Downforce-Variante der Aerodynamik einsetzen, tritt
Audi auf der #7 nur mit einem Duo an, da Benoit Treluyer nach einem
Trainingsunfall mit dem Mountainbike eine Rückenverletzung auskurieren
muss. Marcel Fässler und André Lotterer werden im Rennen auch ohne Ersatzfahrer zurecht kommen.
Bei den privaten LMP1 kehrt Mathias Beche in den Rebellion Racing R-One #12 zurück, wo er Nelson Piquet Jr plangemäss ablöst.
In der LMP2 gibt es gegenüber Le Mans 5 Änderungen zu vermelden: der #45 Manor Oreca O05 LMP2
tritt wieder unverändert im Rahmen der Meisterschaft an, nachdem man Le
Mans plangemäss ausgelassen hatte. Auf dem 2. Manor-Wagen werden
Antonio Pizzonia und Matt Howson nun Stammpilot Tor Graves zur Seite
gestellt. Strakka Racing setzt Formel-Talent Lewis Williamson anstelle von Danny Watts ein. Auf dem #27 SMP Racing-BR01
kann David Markozov nun doch nicht antreten und somit starten Nick
Minassian und Maurizio Medani nun als Duo. G-Drive hat als neuen
Co-Piloten für René Rast und Roman Rusinov den Briten Alex Brundle verpflichtet.
In der GTE-Pro setzt nun auch Aston Martin auf ein 2-Fahrer-Lineup: Nicki Thiim und Marco Soerensen in der #95 und Darren Turner und Ritchie Stanaway in der #97 sind von nun an die Stammpiloten, während Ford als einzige Ausnahme weiterhin Harry Ticknell in der #67 als dritten Stammpiloten weiter beibehält. In der GTE-Am kehrt Paolo Ruberti nach verletzungsbedingter Abwesenheit ans Steuer der Larbre Corvette zurück.
Gegen Ende der Sessions schaffen es
jedoch die beiden Porsche von Romain Dumas (1:41.703) und Brendon
Hartley (41,759) die Bestzeiten zu markieren Audi verbessert sich mit
dem R18 von André Lotterer ebenfalls noch auf eine 1:41,9´er Zeit. In
der LMP2 werden keine bedeutenden Änderungen an der Spitze verzeichnet.
In der GTE-Pro schafft es der #51 AF
Corse Ferrari von James Calado noch an die Spitze vor beide Aston. Die
GTE-Am-Bestzeit geht ebenfalls an den Aston von Dalla Lana und Co.
"Der Pedro Lamy hat diese erzielt"
gibt Mathias Lauda uns gegenüber preis. "Allerdings lag ich nicht all zu
weit von ihm weg. Die neuen Dunlop-Reifen die wir in dieser Saison
haben erlauben sehr gleichbleibende Zeiten und haben nur einen geringen
Drop-Off gegen Ende des Stints zu verzeichnen. Aber das Auto fühlt sich
schon anders als letztes Jahr an. Da haben wir ja den Sieg in der Klasse
aufgrund eines technischen Problems mit dem Auto nur knapp verpasst.
Die einzige Unbekannt die wir bei den Reifen derzeit noch haben ist wie
diese im Regen zu behandeln sind - aber da wissen wir dann vielleicht am
Nachmittag oder spätestens morgen mehr." Lauda spielt darauf an das die
Wetterverhältnisse am Ring aufgrund der schwülen Witterung sehr
unbeständig vorhergesagt wurden. Allerdings hat man zumindest diese
Session unter trockenen und sonnigen Bedingungen absolvieren können.
Probleme gibt es für Bernhards Schwesterauto Nach einer halbens
Stunde wird die erste Full Course Yellow geschaltet weil Romain Dumas im
Bereich de Haugg-Hakens von der Strecke abgekommen und in die
Leitschienen eingeschlagen ist, just nachdem er sich in seinen Stint
aufgemacht hatte. Auf einem Tieflader wird der Porsche zurück ins
Fahrerlager gebracht und verschwindet für den Rest der Session in der Box.
Rene Rast hat trotz des Tabellen-Rückstands auf die
Signatech-Mannschaft ein gutes Gefühl was das Rennen angeht. "Zum einen
ist das hier meine Heimstrecke in der WEC und andererseits haben wir
hier in den letzten Rennen mehr Pech als Signatech gehabt. Wir sind was
die Wettbewerbsfähigkeit des Teams anbelangt mindestens auf dem selben
Level wie die."
Am Samstag stertet die dritte freie Trainingssession unter gänzlich
anderen Bedingungen. Die Strecke präsentiert sich nass und vernebelt bei
ca. 18°C Luft und 22° Asphalt-temperatur. Wegen des nebels und der
damit verbundenen Einschränkungen der rettungshubschrauber wird der
Start der Session 3 mal verschoben und erst gegen 10 Uhr mit fast einer
Stunde Verspätung aufgenommen. Schnell bildet sich auf der Strecke eine
tockene Linie, aber die Zeiten bleiben zu Beginn etwa 10s hinter dem
Niveau von Freitag zurück.
In der GTE-Am-Klasse liegen beide Proton-Porsche (Abu Dhabi vor KCMG) vor der Corvette, dem Gulf-Porsche dem Ferrari und dem Aston. Die Bestzeit hat Khaled Al Qubaisi erzielt: Sehr schwierige Bedingungen da draussen - aber ich komm immer besser mit so etwas zurecht." Qubaisi könnte auf lange Sicht nicht der einzige Vertreter seiner Familie in der Sportwagenszene bleiben. 2 seiner Kinder sind ebenfalls schon vom Rennvirus befallen. "Meine beiden Töchter (16/14) sind bereits seit einigen Jahren in der Kartszene engagiert. Die Älteste soll noch zumindest ein Jahr dort bleiben und dort ein gewisses vorgegebenes Level erreichen. Wenn sie das schafft sehen wir mal wie es weiter geht."
Die GTE-Mannschaften von Porsche und Aston Martin haben im Vorfeld der 6h am Nürburgring eine BoP-Anpassung zugunsten der beiden in Le Mans gegenüber Ford und Ferrari unterlegenen Hersteller erhalten. Der 911 RSR darf in der Pro-Klasse 15kg ausladen und bekommt einen 0.2mm grösseren Restriktor. Der Aston Martin Vantage GTE für die Hersteller-Kategorie darf einen 0,4mm grösseren Restriktor verbauen. In der GTE-Am bekommen die von Proton Competition eingesetzten Porsche 10kg Gewichtserleichterung. Ferrari muss 15kg einladen und der einzige Aston Martin einen 0.3mm kleineren Restriktor einbauen.
Die beiden in Le Mans deutlich
überlegenen Fabrikate von Ford und Ferrari gehen dagegen unverändert in
die Runde am Ring, werden allerdings dort auf das Le Mans spezifische
Low-Downforce Kit verzichten. Ob damit auf der kurvigen
Hochabtriebsstrecke des GP-Kurses (incl der NGK-Schikane) eine fairere
Balance als noch an der Sarthe hergestellt ist werden die ersten
Sessions am Ring zeigen müssen.
Die erste Session startet am Freitag
gegen 12 Uhr, wird aber kurz darauf mit der roten Flagge unterbrochen,
da die Kommunikation zwischen Rennleitung und Teams zu Beginn der
Session hakt. Als es nach 20 Minuten wieder weiter geht, lassen zunächst
die Audi schnelle Zeiten im 1:42´er Bereich vor den Porsche und Toyotas
notieren. Das ist immerhin 3s langsamer als im Vorjahr, wo es dann im
Qualifying bis hin zu tiefen 1:36´er Zeiten runter ging. Das dürfte aber
zum Teil auch der engeren Variante der NGK-Schikane geschuldet sein,
die in diesem Jahr gefahren wird.
Die schnellste Zeit bei den LMP2 hat
eine halbe Stunde vor dem Ende der Session René Rast im G-Drive Oreca
vor Manor-Pilot Tor Graves inne. In der GTE-Pro scheint die
Restriktor-Erweiterung Aston geholfen zu haben: Nicky Thiim liegt
in der #95 mit einer 1:58,9 eine halbe Sekunde vor den beiden AF Corse
Ferraris. In der GTE-Am liegt die Corvette knapp vorne.
Pierre Kaffer ist mit seinem Team im
ByKolles Auto überwiegend mit Abstimmungsarbeiten beschäftigt. "Wir
haben jetzt nach Le Mans keine grossen Änderungen hier am Auto
installiert, abgesehen davon das wir hier wie alle mit mehr Abtrieb
fahren. Aber jetzt wollen wir uns erst mal darauf konzentrieren das
Setup in allen Einzelheiten auszutesten und die simulierten
Optimaleinstellungen auf der Strecke auch wieder zu finden und
abzugleichen. Hoffentlich bleiben wir hier von den Motorenproblemen
verschont die uns das Rennen in Le Mans verharzt haben."
Während Loic Duval auf der
Pressekonferenz zum Rennwochenende ebenfalls bestätigt das Audi die
High-Downforce-Variante für den Rest der Saison einsetzen wird, ist
Toyota Pilot Sebastian Buemi eher skeptisch in Bezug auf ein gutes
Resultat. "Unser Toyota ist eher gut für die Low-Downforce-Strecken. Le
Mans, Spa und Fuji sind unsere Kurse. Dieser Kurs hier passt dem Toyota
eher weniger". "Toyota ist immer gut bei der Musik - ich würde sie hier
nicht vorzeitig abschreiben!" denkt dagegen Porsche-Pilot
Bernhard.
Als es um 16.30 Uhr am Freitag in die zweite freie Trainingssession
Session des Wochenendes geht, ist der Himmel zwar diesiger aber
weitestgehend unbewölkt. Die Session wird also trocken bleiben.
Auch Toyota erzielt nun Zeiten im 1:41´er Berich, wobei Audi und Porsche
allerdings immer noch einen Vorteil haben.
Porsche-Pilot Timo Bernhard bedauert ein wenig das man in diesem Jahr
die schnelle Veedol-Variante der letzten Schikane nicht benutzt, hat
aber Verständnis für die Gründe: "Klar bietet die schnelle Variante mehr
Fahrspass, aber wir hatten im letzten Jahr auch ein paar Mal den Fall das
du es von unten kommend nicht gesehen hat wenn kurz zuvor jemand
ausgeritten ist und Kies auf die Strecke geschmissen hat. Das hat dann
zu ein paar Drehern geführt die bei unseren schnellen LMP1 auch in einen
kolossalen Abflug hätten führen können. Auch hat die FIA nur die
Streckenvariante mit der NGK-Schikane in diesem Jahr als Grade 1 Strecke
homologiert. Insofern ist es schon nachvollziehbar das wir nun diese
Variante fahren, die uns etwa 3s kostet." Am Nürburgring fahren Bernhard
und seine Porsche-Kollegen erstmals die High-Downforce-Variante der 919-Karosserie. "Ich
glaube das wir diese danach bei allen Rennen verwenden werden, da diese
dann durchweg mehr Abtrieb verlangen. Einzig für Fuji könnte es
notwendig werden noch einmal die Medium Downforce-Variante der
Karosserie aufzuziehen. Doch das ist noch nicht fixiert." Bernhard
glaubt das die Polezeit bei trockener Strecke eine 1:40 werden wird.
Rasts Zuversicht kann aber nicht verhindern das die
Trainingsbestzeit in der LMP2 in der zweiten Session zunächst an
das Signatech Team fällt. Dann erobert Jonny Kane im Strakka-Gibson die
Bestzeit mit einer 1:50,031. In der GTE-Pro liegt eine halbe
Stunde vor dem Ende der Session ein Aston Vorne, in der GTE-Am ist es
der #83 AF Corse Ferrari.
Stefan Mücke startet ab jetzt nur noch im Duo mit Teamkollege
Oliver Pla. "Das macht uns im Prinzip noch effektiver. Le Mans hat mit
dem Erfolg für Ford das ganze Team angefeuert. Wir führen nun die
fahrerwertung in der GTE-Pro an."
Bei Proton hat GTE-Am-Pilot Wolf Henzler keine Sorge bezüglich der
BoP: "Unsere GTE-Am-Fahrzeuge sind alle wettbewerbsfähig. Die
Lücke zu den konkurrenten ist nicht so gross das wir uns Sorgen machen
müssten. Wir müssen nur aufpassen das wir hier von den relativ hohen
Curbs wegbleiben, da diese das Auto doch ganz schön beschädigen
können."
Während die LMP1-Bestzeit bei Porsche verbleibt - Mark Webber hatte eine 1:40,997 erzielt - kann G-Drive-Pilot Rene Rast die LMP2-Führung vom Strakka-Gibson zurück erobern. In der GTE-Pro ist Turner im #97 Aston schnellster vor den beiden AF Corse-Ferraris. In der GTE-Am führt der AF Corse-Ferrari vor der Larbre Corvette und dem Abu-Dhabi-Proton-Porsche.
Mit immer trockenerer Linie sinken auch die Zeiten: wäherend Toyota zu Beginn noch erstmals eine Bestzeit notieren kann, schrauben Porsche und Audi das Level schnell auf 1:43´er Zeiten herunter. Die Mischbedingungen auf abtrocknender Strecke lassen nicht wirklich eine Entwicklung eines Regen-Setups zu, verhindern aber auch das man sich analytisch mit der Abstimmung der Wagen beschäftigen kann. Das sagt auch Dominik Kraihamer. "Eine reine Regensession wäre uns hier lieber, da Dunlop noch Entwicklungsbedarf bei den Regenreifen hat und extra einige Entwicklungsreifen hier rangebracht hat. Nun müssen wir das Beste daraus machen und diese bei den Mischbedingungen hier getestet werden müssen. Wir können zumindest sagen wie sich die bestehenden Pneus bei abtrocknenden Bedingungen verhalten und wann man Intermediates aufziehen muss." Im Gegensatz zur Kolles-Crew hat Rebellion in diesem Jahr nicht ganz so viele Probleme mit dem AER-Motor, kann diese aber auch nicht klaglos empfehlen. "Unser Auto ist ja bei 2 Rennen gut ins Ziel gekommen, aber in Le Mans hatten auch wir Probleme und unser Schwesterauto hat ja bei allen Rennen zu kämpfen gehabt. Aber die Alternativen in der Klasse sind ja rar gesät." Für bislang 3 Kundenautos wird in der Tat so schnell kein zweiter Hersteller in die Bresche springen.
An der Sptze des Feldes wird in der letzten Viertelstunde das Level der Rundenzeiten vom trockenen Freitag erreicht. Der Porsche #1 erzielt mit einer 1:41,002 die beste Zeit die nur unwesentlich über der Bestzeit vom Freitag liegt. Toyota erzielt mit einer 1:41,293 der #5 durch Anthony Davidson eine Zeit die auch auf Niveau der Konkurrenten liegt. Dahinter kommen die beiden Audi zu liegen.
Bei den LMP2 hat erneut René Rast auf seiner Heimstrecke die Oberhand über alle anderen Piloten. Hinter dem G-Drive-Piloten kommen Tor Graves im Manor-Oreca und der Baxi DC Alpine von Nelson Panciatici zu Bestzeiten.
In der GTE-Pro haben die beiden AF Corse Ferrari die Hauben vorne vor dem #67 Ford.