Auf der Audi Pressekonfenrenz gibt es neben zahlreichen technischen News und den üblichen Phrasen auch einige Infos aus erster Hand von Ralf Jüttner der als technischer Direktor des Teams immer ein kompetenter Ansprechpartner ist: "Am Anfang fehlte uns mit dem nach einem neuen aerodynamischen Konzept gestalteten Auto einiges an Testzeit. Aber die haben wir im Laufe des Jahres bei Tests und den Rennen wieder aufgeholt. Von daher sind wir zuversichtlich das wir alle Entwicklungsziele erreicht haben. Der Wagen hat dank der neuen Aerodynamik weniger Luftwiderstand bei selber Downforce. Mit dem Dieselmotor haben wir immer noch einen Gewichtsnachteil was entscheidend dafür war, das wir nur auf ein 6MJ-Hybridsystem aufrüsten konnten, da wir damit schon am derzeitigen Gewichtslimit für unser Auto sind. Hier nur 2 Autos zu haben ist natürlich ein höheres Risiko , ändert aber nicht unsere Strategie. Du fährst weiter voll auf Angriff und erst wennn ein Wagen aus irgendeinem Grund wegfallen sollte wirst du dir irgenwann bewusst: `Mist wir haben ja nur noch Einen!´ Aber selbst solch ein Fall hat uns in der Vergangenheit nicht vom Gewinnen abgehalten. Das Rennen wird in jedem Fall eine aussergewöhnlich spannende Angelegenheit werden. Es ist einer jener Fälle wo ich lieber als Zuschauer das Rennen genissen würde, statt an vorderster Front mit involviert zu sein."
Teamkollege Sebastian Buemi hat dagegen eher den Eindruck, das das Überholen dank der zahlreichen LMP2-Teams mit professionellen Piloten anstelle der GTE-Am-Privatiers leichter geworden ist. "Wir haben aber während der Traingssessions selten alle Autos zusammen auf der Strecke gesehen" schränkt Fässler ein.
Der neue Audi hat übrigens komplett hydraulische Schalt-, Getriebe- und Lenkungssyteme während man in der Schaltung in der Vergangenheit pneumatische Systeme benutzte. Die Gesamtenegrie die die beiden Wagen im Hybridsystem im Laufe des Rennens erzeugen würde rein rechnerisch ausreichen um einen 2-Personen-Haushalt ein halbes Jahr mit Strom zu versorgen. Im 10.Jahr des Dieseleinsatzes verbraucht das aktuelle Triebwerk nur noch 55% des Treibstoffs den man beim TDi-Debüt 2007 verfeuert hat.
Bei Rebellion hat Nick Heidfeld noch
Hoffnungen auf das Gesamtpodium vorzustosssen: "In den Trainingssessions
waren die Piloten im Feld schon alle erstaunlich diszipliniert, aber
wir werden
im Rennen sicher mit dem ein oder anderen Privatier noch so unsere
Momente erleben. Das Hauptproblem für uns war, eine freie Runde zu
erwischen. Die Chancen im Rennen dürften für uns in diesem Jahr besser
denn je sein, weil die Standfestigkeit bei den Werkswagen nicht so gross
war.
Audi und Toyota sind mit Revolutions- statt Evolutionsmodellen gekommen
und deutlich anfälliger wie in den Vorjahren. Wir haben ein
standfest gewordenes Paket. Allerdings sind auch unsere Autos nicht
kugelsicher. Im Gegensatz zu den Werksautos fahren wir Null Tests,
sondern nur Rennen. Das ist unsere einzige Schwäche.
Bei Pegasus steht die 26 jährige Ines Tattinger als eine von 2 Damen im
Feld (neben Christina Nielsen) vor ihrem Le Mans Debüt. "Ich bin zuvor
erst 3 Jahre beim Team CD Sport in der VdeV gefahren und wir sind nun in diesem
Jahr mit Pegasus in der ELMS unterwegs. Der LMP2 ist schon ein grosser Schritt für
mich und ich habe noch eine Menge hier zu lernen; speziell in der
Dunkelheit und im Regen. Unser Ziel ist lediglich durchzukommen und am
Sonntag die Zielflagge in Empfang zu nehmen."
Bei Michael Shank Racing steht Pilot John Pew schwer beeindruckt vor seinem ersten Le Mans Auftritt. Wir erfahren dort, das für die Mannschaft die im Vorfeld zuerst einen Test in Monza, dann den Testtag, dann das IMSA-Rennen in Detroit und nun Le Mans absolviert, nicht nur die Strecke neu ist. Während man in der IMSA mit einem eigenen Ligier mit Conti-Reifen und einem 3,5l HPD-Motor unterwegs ist, muss man für Le Mans ein von Onroak gestelltes Chassis mit einem 2,8l HPD und Dunlops unter Kontrolle bekommen. Für die amerikanische Mannschaft überwiegen aber bislang die positiven neuen Eindrücke.
Der Defekt der der #8 am Mittwoch wertvolle Zeit an der
Strecke gekostet hatte war laut Jüttner eine bislang unvorhergesehene
Kombination aus einer Softwarelücke und einem extremen Fahrzustand. "Der
Wagen war noch in der Energierekuperationsphase als er über einen Curb
aufgestiegen und dann 10m weit geflogen ist. Das Rad ist kurz vor der
Landung durch das KERS schlagartig angehalten worden weil Sensoren und
Software nicht erkannt haben, das es stattdessen weiter betrieben
werden sollte wie vorgesehen. Somit ist das Auto mit einem blockierten
Rad gelandet, was den Generator zerstört hat. Wir glauben das wir diesen
Fehler nun eliminiert haben. In Silverstone hatten wir das Problem
das das Hybridsystem ausgefallen war und wir versucht haben dennoch das
Renenn zu Ende zu fahren. Dann hat das System nach einem
Missverständnis zwischen Pilot und Ingenieuren in einen Sicherheitsmodus
geschaltet und als der Pilot den Reset gemacht hat war der Wagen im
6.Gang. Danach ist ihm beim Versuch anzufahren schlicht die Kuppluing
durchgebrannt - es war also kein Kabel- oder Hybridsystem-Brand wie
kolportiert wurde."
Das zur Reperatur des Wagens am Mittwoch zur ersten Trainigssession die Garagentür herunter gelassen war war laut Jüttner noch im vom ACO vorgegebenen Rahmen. "Man hat uns lediglich klar gemacht das menschliche Schutzschilder oder Stellwände unerwünscht wären und im Rennen mit einer zunehmenden Anzahl an Stop & Go-Strafen geahndet werden würden."
Marcel Fässler sieht das Rennen als
Überlebenskampf für die Werksteams an. "Es wird ein hartes und
spannendes Renenn werden. Du musst schlicht die Distanz überleben und am
Sonntag morgen noch ein Auto haben das intakt ist und mit dem du
angreifen kannst. Die Aufrüstung auf 6MJ war schon notwendig. Die
mit 8MJ fahrenden Konkurrenten werden immer noch einen leichten Vorteil
haben. Wir haben zwar theoretisch die Möglichkeit 14 Runden-Stints zu
schaffen doch 13 sind mit kürzeren Tankzeiten verbunden und eröffnen
mehr taktische Flexibilität. Bislang haben wir versucht die Autos für
das Rennen zu schonen. Allerdings habe ich den Eindruck das wir trotz
des Boosts den wir haben teilweise mehr Schwierigkeiten haben wegen dem
geringeren Topspeed die Überholvorgänge richtig abzuschliessen. Am Ende
der rekuperationszonen sind wir langsamer als manche Autos die uns dort
wieder zurück überholen können".
Wie erwartet gibt es eine Anpassung der BoP der GTE. Ford bekommt
zusätzliche 10 kg eingeladen und muss den Boost um 0,02bar senken.
Ferrari bekommt gar 15 kg Ballast. Corvette und Aston dürfen 0,2mm
grössere Restriktoren aufschnallen - nur Porsche geht ausser einem
grösseren Tank (plus 3l) leer aus.
Die Freude im Porsche-Lager kennt daraufhin keine Grenzen! Pat Long
muss sich einen Kommentar verkneifen. Der Amerikaner an Bord des
Dempsey-Proton-911´ers war neben den By Kolles-Piloten der einzige
der sich gestern noch verbessern konnte. "Es hat genau gepasst. Ich
hatte noch eine Installationlap und bin dann mit neuen Reifen aufgrund
des sich nähernden Regens sofort auf Angriff raus gegangen. Die Gegner
konnten dann auch nicht mehr kontern."
Porsche gibt überigens am Freitag mit Manthey Porsche und Core Autosport die beiden Einsatzteams für den neuen Mittelmotor-Turbo-GTE für 2017 bekannt. Ausserdem präsentiert man Esso als neuen Sponsor, der schon in diesem Jahr auf den Autos präsent sein wird.
Nicolas Leutwiler - der Schweizer ist der amtierende Meister der AsLMS - ist bei Race
Performance schon zu seinem 2. Le Mans Auftritt unterwegs. "Der erste
war noch 2014 mit Pegasus. Allerdings hat unsere alte "Granny" (so wird der schweizer Oreca vom Team bezeichnet) gegen die
neuen LMP2 nur wenig Chancen, weil die mit ihren neuen
Vorderachskonstruktionen viel schneller in die Kurven einlenken können.
Deswegen werden wir uns auch überlegen ob wir noch mal die Asiatische LMS
bestreiten werden, weil wir eigentlich gegen die neuen Autos chancenlos
wären. Eine Option könnte sein das wir dort mit einem anderen Team
zusammen spannen. Aber 2017 kommen dann die ganz neuen Autos und da
wissen wir noch gar nicht wohin die Reise geht... ."