Am Anfang war alles so einfach: der vierfache Champion Tommy Kendall würde bei Rocketsports sein Comeback geben und mit braver Unterstützung von Gentilozzi auf seinen fünften Titel losmarschieren, Boris „ich fahre alles“ Said würde ihm Paroli bieten, auch frühere Trans-Am-Stars wie Ron Fellows und Scott Pruett würden sich einige Male blicken lassen. Neben einem Haufen kleinerer Auszeichnungen („Most Improved Driver“, Motorenbauer des Jahres, usw.) würde das brandneue Unterstützungsprogramm für Teams aus der Amateurszene für ausreichende Starterzahlen sorgen. Zwanzig Autos pro Rennen wurden versprochen. Dieses Versprechen hat man teilweise fast um die Hälfte verfehlt. Schon ersten Rennen, dem traditionellen CART-Happening unter den Palmen von Long Beach (der geplante Saisonauftakt in St. Petersburg/Florida wurde abgesagt) zeichnete sich der Saisonverlauf ab: Gentilozzi fuhr einen klaren Start-Ziel-Sieg ein. Eine Massenkarambolage schaltete den Großteil seiner 16 Konkurrenten aus, am Schluß wehrte er sich mit Ellbogeneinsatz gegen Greg Pickett, einen Rocketsports-Kunden. In dieser Tonart ging es weiter. Den Jaguaren wurde schon voriges Jahr eine gewisse eingebaute Überlegenheit unterstellt, heuer schaffte es nur der unermüdliche Boris Said mit seinem Ford Mustang, den XKR eine Niederlage zuzufügen. Said möchte sich nächstes Jahr übrigens ganz der NASCAR-Szene zuwenden. Ron Fellows und Scott Pruett beließen es bei gelegentlichen Gastauftritten. In Sebring 2001 gingen fast fünfzig Fahrzeuge an den Start. Der heurige Tiefpunkt waren die elf Autos in Toronto, aber die dreizehn auf den weiten Betonflächen von Cleveland sahen noch verlorener aus. Nicht viele Fernsehzuschauer hatten allerdings Gelegenheit, sich davon zu überzeugen: zeitversetzte Zusammenfassungen auf einem weniger verbreiteten Kabelkanal waren das höchste der Gefühle. Gewinnen konnte also nur ein Jaguar, und Tommy Kendall schlug sich mit Entwicklungsschwierigkeiten am neuen Jaguar-Motor herum (in den anderen XKR arbeitet ein Ford-V8), deshalb räumte der Chef die Punkte ab. Auch das große Finale in Puerto Rico wurde gestrichen, somit war Gentilozzi Meister, und man hat fast den Eindruck, es sei ihm peinlich. Aber nur fast. |
Im
Carolina Motorsport Park rückten zwei Instruktoren der
örtlichen
Rennfahrerschule mit älteren NASCAR-Autos aus, um das Feld auf elf
Starter zu verstärken. Bei der Veranstaltung in Lime Rock zwei
Rennen
später trat die AGT-Serie immerhin bereits im Rahmenprogramm der
ALMS
auf und begrüßte unter anderem auch Paul Newman als
Gaststarter – alles
publicitywirksame Aktionen, die man dem Trans-Am-Management
weggeschnappt hat. Als Anreiz zum Mitmachen gibt es auch hier einige
durch Sponsoren finanzierte und bislang noch bescheiden dotierte
Zusatzpreise wie z.B. für den „Hard Charger“ des Rennens, also die
größte Verbesserung von der Startaufstellung bis ins Ziel,
und den
„Tough Break“-Preis für das größte Rennpech (!). Heuer
gewann fast
jeder irgendwann irgendetwas, die Starterzahlen pendelten das Jahr
über
zwischen zehn und siebzehn. Ein Herr reiste für jedes Rennen aus Puerto Rico an: der wohlhabende Geschäftsmann Edison Lluch ist auch Eigentümer einer Rennstrecke und zählt mittlerweile zu den treuen AGT-Gefolgsmännern. Somit ist der Ausflug der American GT Challenge nach Perto Rico wohl auch für die nächsten Jahre gesichert; beim Rennen auf der Strecke von Ponce traten einige lokale Gaststarter an und räumten beim inoffiziellen Grand Prix von Puerto Rico (diesen Titel hätte das Trans-Am-Rennen tragen sollen) ab. Damit war die Karibikkreuzfahrt der AGT noch nicht vorbei: von den puertoricanischen Unwettern ungebremst, suchte man zum Abschluß die Dominikanische Republik heim. Die kleine Rundstreckenzene dieser Länder setzt, genau wie die karibische GT-Meisterschaft, auf Trans-Am-artige Autos; und obzwar klein an Startern, Infrastruktur und Budget, sucht man durchaus Anschluß an das nordamerikanische Geschehen – auch das hat Trans-Am bis jetzt leider verschlafen. AGT stiftet als Antwort auf dieses Interesse gleich noch einen Preis: der beste lokale Starter wird Inter Americas Champion. |
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Auch über dem Autodromo Las
Americas in Santo Domingo ging ein Unwetter
nieder, und das brachte vor allem zwei Männer ins Zittern: Edison
Lluch
führte die Tabelle knapp an, eine Absage hätte ihm den Titel
garantiert; der zweitplatzierte Charles Webster aus Kanada musste in
beiden Läufen vor Lluch ins Ziel kommen und hoffte auf das volle
Programm. Seine Hoffnung erfüllte sich, aber nicht in puncto
Resultat:
im ersten Lauf war Webster komfortabel vor Lluch, als die hintere
Starrachse seiner Corvette ihre Starre einbüßte; ein
altmodischer
Achsbruch zwang ihn aus dem Rennen. Während der Lokalmatador Luis
Mendez die Zuschauer mit seinem Sieg begeisterte, zog Lluch in
der
Gesamtwertung davon. Lauf 2 fand wieder unter tiefer Wolkendecke statt,
und diesmal hatte Lluch die Techniksorgen. Wegen Motorproblemen zog er
seine eigene Corvette zurück und stieg in das leihweise
überlassene
Auto eines Konkurrenten (!). Damit wurde er ans Ende des 17-Auto-Feldes
relegiert, noch hinter Webster, der es drauf anlegte, jetzt endlich die
nötigen Punkte einzufahren. |
In all der Aufregung
schmiß Lluch sein Auto in den Kies und retirierte
zur Grundreinigung an die Box; Webster zog weiter seine Runden,
allerdings unter immer stärkerer Qualmentwicklung. Die beiden
führten
ihr ungleiches Duell in den letzten Runden fort – Lluch schneller, aber
eine Runde zurück, und Webster im Schongang. Am Schluß nahm
Webster
einen einzigen Punkt mehr als Lluch aus diesem Rennen mit – und die
Meisterschaft endete unentschieden. Der Titel des American GT Champion
geht nach Kanada und Puerto Rico. Die USA gingen nicht ganz leer aus,
Rennveteran Bobby Sak gewann immerhin als erster Amerikaner ein Rennen
in der DomRep.
Obgleich international eher unbekannt, hatte die American GT Challenge zumindest beim Unterhaltungswert heuer die Nase vorne. Für 2005 werden bereits Pläne geschmiedet, und auch Paul Gentilozzi sollte sich für die Trans-Am etwas einfallen lassen. |