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30.8.99 ; von H.Gallinnis

Interview mit Cor Euser - Marcos Racing International

Als ich mich vor etwa 5 Jahren noch hauptsächlich für Formel 1-Rennen interessierte und dabei regelmäßig vor dem Fernseher einschlief, begann ich mich erstmalig für andere Serien zu interessieren. In einer Rennserie, die damals noch den Namen BPR trug und die in Zusammenfassungen von Eurosport gesendet wurde, tauchte irgendwann zwischen den ganzen Porsches, McLarens und Venturis ein gelbes, urig aussehendes, geducktes Gefährt auf, das irgendwie wie eine Kreuzung zwischen Oldtimer und Sportwagen aussah. Nicht nur daß dieser Wagen durch sein Äusseres auffiel, er war etwa nur halb so hoch wie ein Porsche 911, der ja auch nicht gerade hoch gebaut ist, - nein er war auch noch sehr schnell und erfolgreich, und konnte 1995 sogar die GT2-Wertung der BPR gewinnen. Der Wagen stammte von der mir bis Dato gänzlich unbekannten Marke Marcos, wurde, wie mir schnell bewusst wurde, von dem holländischen Team von Marcos Racing International eingesetzt und hörte auf den Namen Mantara LM 600. Seit diesen Tagen wurde ich eingefleischter Marcos-Fan (und bin es eigentlich heute noch!) und wechselte motorsportmäßig mit fliegenden Fahnen zu den Sportwagen über.

Mittlerweile sind einige Sportwagenjahre ins Land gezogen. Die BPR gibt es nicht mehr, (oder sollte man sagen: es gibt sie bald wieder?). Der Marcos ist nicht mehr gelb sondern bunt wie ein Ara. Aber das MRI-Team zeichnet immer noch mit Teamchef und Hauptfahrer Cor Euser für die Einsätze des LM 600 in der FIA-WM und diversen anderen Meisterschaften verantwortlich. Daher wurde es mal langsam Zeit dem wohl beliebtesten und bekanntesten Team der FIA-GT-WM auf diesen Seiten den gebührenden Platz einzuräumen.

Cor Euser
Cor Euser

Wundert euch bitte nicht wenn einige der Äusserungen mittlerweile durch aktuelle Entwicklungen etwas antiquiert erscheinen, aber dieses Interview entstand am Rande des FIA-GT-Meetings in Zolder und hat leider etwas lange bei mir auf Halde gelegen. Diese Seiten nehmen doch verdammt viel Arbeit in Anspruch.

MRI LM 600
Marcos Racing International Mantera LM 600 - Das alte Chassis, das bis Zolder in der FIA-GT und der Belcar eingesetzt wurde.

GT-One-Logo :Cor, ihr habt ja ein neues Auto in der Vorbereitung. Das ist aber heute nicht an der Strecke. Warum?
Cor Euser (CE) : Wir haben noch Anfangsprobleme mit dem Wagen. Es ist besser ihn erst einzusetzen wenn er ganz fertig und durchgetestet ist.
GT-One-Logo :Was ist das Hauptproblem bei dem Wagen ?
CE: Die Antriebswelle wird vom Motor abgeknabbert wie ein dünnes Holzstück. Aber dieses Problem wird jetzt geklärt, bei Eurotech, einem unserer Sponsoren. Die bauen etwa 80% unseres Wagens. Es wird hart daran gearbeitet den Wagen so fertigzustellen, daß er auch in der Lage ist eine Renndistanz zu überstehen.
GT-One-Logo : Da ist auch ein neuer Motor im Wagen ?
CE: Ja, wir haben jetzt einen 6,9l Motor. Der ist ein wenig stärker wie der Alte (5,9l) und eine Neuentwicklung. Wir erwarten, daß wir damit mal wieder richtig mit den Vipers kämpfen können.

LM 600 Evo
Der Marcos LM 600 Evo beim Racing Festival in Spa, wo er die GT2-Klasse beim Lauf der britischen GTs gewinnen konnte.

GT-One-Logo : Letztes Jahr wart ihr ja in den Rennen regelmäßig vorne zu finden und nun nicht mehr. Sind die Gegner stärker geworden oder habt ihr mehr Probleme?
CE: Die Gegner sind stärker geworden. Das kommt durch das neue Reglement. Die dürfen breitere Reifen und Felgen fahren als wir. Die haben wir nicht am alten Wagen, so kommen schnell 1-2 Sekunden Differenz pro Runde zusammen.
GT-One-Logo : Es ging anfangs des Jahres das Gerücht um, daß ihr das alte Euroserie-Chassis nach Amerika zur ALMS verkaufen wolltet. Ist das geschehen oder nicht?
CE: Das ist nicht passiert. Wir haben zwar Gespräche geführt, dann aber entschieden den Wagen zu behalten. Wir brauchen die beiden Wagen für die Belcar-Meisterschaft und auch für die FIA-GT-Meisterschaft, solange wie der neue Wagen nicht fertig ist.


Cor Euser übergibt an Hermann Buurman - fotographiert beim Belcar-Training in Zolder

GT-One-Logo : Wäre denn ein Einstieg in die ALMS für dich ein Thema ?
CE:  Ja sicher! Wir denken darüber nach im nächsten Jahr auch in der Serie anzufangen. Wir haben Kontakte zu Don Panoz geknüpft um ein Team dort einzusetzen. Aber das ist noch lange hin.
GT-One-Logo : Wie beurteilst du die Entwicklung, die die FIA-GT-Meisterschaft dieses Jahr genommen hat ?
CE: Auf der einen Seite positiv, weil die Werksteams wie Porsche und Mercedes uns nicht mehr um die Ohren fahren. Das war schwierig für die GT2-Fahrer. Die kämpfen jetzt um so stärker miteinander, weil sie nicht mehr dauernd in den Spiegel schauen müssen ob ein GT1 vorbeigeflogen kommt. Alle Fahrer sind doch sehr froh darüber.
GT-One-Logo : Glaubst du die Meisterschaft hat so eine Zukunft ?
CE: Die müssen sicher hart daran arbeiten. Wir haben zur Zeit 20+ Nennungen. Es sollten eigentlich 30+ sein, aber es ist viel Negatives vorab in der Presse zu lesen gewesen. Einige Teams bleiben auch zuhause wegen dem höheren Nenngeld. Deswegen haben sich einige auch lieber in anderen Meisterschaften eingeschrieben.
GT-One-Logo : Wie könnte man die Meisterschaft besser machen ?
CE: Das Nenngeld runtersetzen oder weglassen und ein gutes Preisgeld geben. Das haben die uns zwar versprochen aber die FIA ist dem nicht nachgekommen. Wir haben dadurch 2 oder 3 Teams verloren und das sind dann gleich 6 oder 7 Wagen, die fehlen.
GT-One-Logo : Ein anderes Thema: wie bist du eigentlich auf die Marcos gekommen? Du fährst ja als Einziger hier einen Marcos.
CE: Ich habe damit 1995 angefangen. Wir sind mit einem Team damals mit einem Marcos LM 500 die holländische Meisterschaft gefahren. Ende 95 haben wir dann mit dem LM 600 angefangen und die BPR gefahren. Seit dieser Zeit hat das Werk uns quasi als Semi-Werksteam unterstützt, weil wir doch recht gute Resultate geholt haben und dabei besser als das Werksteam waren.
GT-One-Logo : Gibt es eine Zusammenarbeit mit dem Marcos-Werk ?
CE: Es gibt eine Zusammenarbeit bezüglich der Homologation und sie nutzen unsere Erfahrungen mit den Rennwagen zum Teil bei der Konstruktion ihrer Strassenwagen.


Das Homologationsfahrzeug des Mantara LM 600 Evo. Dieser Wagen passt garantiert nicht in jede Garage.

GT-One-Logo : Wenn jetzt Kundenteams an euch herantreten würden und sagen würden: ´ Euer Auto gefällt uns, könnt ihr uns auch eins bauen ?´ würdet ihr das machen, ähnlich wie Oreca das tut ?
CE: Ja, das ist sicher möglich. Der neue Wagen ist jetzt einfacher zu bauen, weil alle Teile im Computer und auf CAD-CAM konstruiert werden. Das war beim alten Wagen eigentlich immer ein Problem, da dieser in Handarbeit gefertigt wurde und wir keine Zeichnungen davon hatten. Das war halt das Problem weshalb wir keine eigene Produktion der Chassis vornehmen konnten
GT-One-Logo : Was steht bei euch in diesem Jahr noch alles auf dem Programm? Du hast ja dieses Jahr schon in Amerika einige Rennen gefahren, so die Daytona 24h und Sebring.
CE: Wir machen die komplette Belcar-Serie. Hoffentlich kann ich die FIA-Serie auch komplett machen, das hängt vom neuen Wagen ab. Wenn wir die Rennen in Amerika machen, dann bleiben wir am Ende erstmal da und machen dort den Daytona-Test und die 24 Stunden von Daytona mit.
GT-One-Logo : Zu den Fahrern. Die Fahrer haben bei MRI ja dieses Jahr gewechselt. Christian Vann ist zu Chamberlain gegangen und Harald Becker in die ISRS. Wie schätzt du im Vergleich zu den beiden deine neuen Teamkollegen ein ?
CE: Ich glaube wir haben gute Leute zusammen mit denen wir auch in der nationalen Meisterschaft schon lange zusammenfahren. Mit Hermann zu fahren ist ok. Wir sind gute Freunde und das fördert die Zusammenarbeit. Wenn der neue Wagen fertig ist dann stösst auch der Mike Hezemanns dazu, der eigentlich die ganze Saison mit uns fahren sollte. Aber er hat gesagt mit dem alten Wagen gibt es keine Möglichkeit die Vipers zu schlagen, deswegen wartet er bis das neue Chassis fertig ist.
GT-One-Logo : Wäre Tommy Erdos für dich auch ein Thema? Er fährt ja in der britischen Meisterschaft noch den NCK-Marcos.
CE: Tommy ist 96 mit mir gefahren, und ich glaube wir haben immer noch guten Kontakt zueinander. Man weiss nie was sich ergibt und er ist auch ein guter Freund von mir. Das hat natürlich auch zu tun mit den Sponsoren und ihrem Geld, was man braucht um ein Team zu unterhalten. Daran fehlt es leider bei Tommy. Er ist ein guter Fahrer, aber ohne Geld kann ich leider das Team nicht weiterführen. Das ist das Problem.


Ein seltenes Bild aus der 97er FIA-GT-Saison: 2 Marcos hintereinander auf der Strecke. Das Bild stammt aus Donington Park. Der LM 600 von Erdos und Vann fährt vor dem Fahrzeug von Euser & Becker

GT-One-Logo : Was sagst du zu Zolder als Strecke? Du kennst sie ja eigentlich gut durch die Belcar-Meisterschaft ?
CE:  Zolder ist eine gute Strecke, eine Fahrerstrecke. Sie ist ein bischen schmal, aber ich habe viel Spaß daran hier zu fahren.
GT-One-Logo : Ist das mit ein Grund, daß ihr hier heute so gut dabei seid? Ihr habt hier das beste Trainingsergebnis des Jahres mit dem 4.Startplatz.
CE: Ich glaube nicht, weil jeder Profi kennt eine Strecke nach spätestens einer Stunde, und die Leute die hier fahren sind alle Profis und die sind immer schnell auf jeder Strecke. Wir haben lediglich neue Qualis verwendet und unsere Möglichkeiten optimal genutzt und das Beste daraus gemacht.
GT-One-Logo : Kannst du das morgen im Rennen halten?
CE: Das ist natürlich die Frage... .
GT-One-Logo: Vielen Dank für das Interview und viel Glück im Rennen.

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