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23.7.99 ; von H.Gallinnis

Interview: Christian Gläsel & Christian Vann

Seit Beginn dieser Saison ist in der FIA-GT-Weltmeisterschaft auch ein deutscher Fahrer regelmäßig auf einer Viper unterwegs. Der voher nur in Insiderkreisen bekannte Pilot Christian Gläsel bewegt, zusammen mit dem britischen Ex-Marcos-Fahrer Christian Vann, eine der Chamberlain Vipers über die Strecken. Anlässlich des Laufes in Zolder gelang es beide Fahrer zusammen vor das GT-One-Mikrophon zu bekommen. Das folgende Interview, zu dem sich beide spontan bereit erklärten, brachte viele interessante Neuigkeiten und teilweise wichtige kritische Anmerkungen zutage:
C.Gläsel und C.Vann
Christian Gläsel (li.) & Christian Vann (re.) - Foto aus Oschersleben

GT-One-Logo:Die Meisterschaft hat ja sehr gut für euch beide in Monza angefangen. Es war ein guter Erfolg für euch in der letzten Runde die PK-Viper zu überholen ... ?
Christian Vann (CV): Ja, das war interessant. Wir haben den Speed noch irgendwo gefunden. Auf der Tafel standen schon  -14, -13 Runden (bis Rennende) und wir holten 2 Sekunden pro Runde auf, und als ich das sah gab das die nötige Geschwindigkeit. So wurde es zum Schluß ein großartiger Kampf als es in die letzte Runde ging.
GT-One-Logo:Und wie ging das dann in den nächsten Rennen weiter?
Christian Gläsel (CG): Im zweiten Rennen sind wir ebenfalls Vierte geworden. Dort hatten wir noch John Hugenholz im Wagen. Wir sind dort vom zehnten oder elften Startplatz losgefahren und haben uns dann mit kontinuierlichen Rundenzeiten nach vorne gearbeitet. Das ist sowieso eine unserer Stärken. Die meisten Teams bestehen aus einem langsameren und einem schnelleren Fahrer, während unsere Rundenzeiten sich meist bis auf eine Zehntel gleichen, so können wir uns dann meist gut nach vorne arbeiten und das werden wir wohl auch morgen (am Renntag) so machen.
GT-One-Logo:Wie liefs denn hier im Qualifikationstraining?
CV: Ja, hier hatten wir ein schlechtes Training. Ich habe den Wagen heute morgen leider in der ersten Session in der ersten Kurve ins Kiesbett gedreht. Ich habs auf meiner vierten schnellen Runde zu hart versucht. Das wars dann. In der zweiten Session hat dann Christian (Gläsel) der Wagen übernommen und unsere Zeit um 2 Sekunden verbessert, obwohl die Strecke aufgrund der Hitze eigentlich langsamer war. Das war eine gute Zeit von Ihm. Leider sind wir immer noch vierzehnte.
CG: Wir haben leider gestern eine Menge Zeit verschwendet. Im freien Training waren wir 3 Stunden draußen um den Wagen abzustimmen, konnten aber keinen Grip finden. Erst heute nacht haben wir festgestellt, daß einer der hinteren Stoßdämpfer gebrochen war. Also wollten wir heute morgen nochmal mit der Abstimmungsarbeit anfagen. Dann hat Christian den Wagen unglücklicherweise in den Kies gesetzt. Deshalb sollten wir die Quali hier besser vergessen.

Chamberlain Viper Nr.19
Die Chamberlain Viper Nummer 19 von Christian Vann (GB) & Christian Glasel (D) in Zolder, am linken Rand Christian Vanns Ex-Fahrzeug, der Marcos

GT-One-Logo: Was denkt ihr über Zolder als Strecke. Die Strecken in der FIA-GT-Meisterschaft sind sehr unterschiedlich im Vergleich zu den letztjährigen Strecken?
CV: Mir persönlich gefällt die Strecke nicht. Das macht keinen Spaß hier. Es ist sehr schwierig und anspruchsvoll; du mußt immer 100%ig konzentriert fahren. Das wird ein schwieriges Rennen morgen. Ich glaube viele werden in kleinere Unfälle verwickelt sein.
CG: Nun, wir haben jetzt schon etwas Erfahrungen mit kleineren Kursen: Hockenheim war ziemlich nervend für die Viper und hier siehts genauso aus. Diese langsamen Kurven sind sehr schwierig. Wie Christian schon sagte, du mußt jede Runde am Limit fahren, das ist sehr hart.
Ich habe hier im August ein historisches Rennen. Im Augenblick freue ich mich da gar nicht darauf. Du must hier soviel bremsen, es ist kein flüssiger Kurs, wie die die es vor 10 oder 20 Jahren gab
CV: Dies ist hier ein sehr guter Porsche-Kurs, wie die meisten bisherigen Kurse. Es ist als wenn jemand entschieden hätte, das man nur noch auf Strecken fährt, die den Porsche gut stehen.
CG: Ja, aber in der 2.Saisonhälfte kommen dann die Viper-Kurse !
GT-One-Logo:Was denkt ihr über die Entwicklung der FIA-GT2-Meisterschaft im Vergleich zu letzten Jahr ? Haben sich Sachen grundsätzlich geändert?
CG: Ja wir bekommen weniger Medien-Präsenz als letztes Jahr. Viel weniger! Im Fernsehen kommt fast gar nichts mehr.
CV: Dieses Jahr sieht es amateurhaft aus. Letztes Jahr war es viel professioneller. Die großen Teams brachten eine professionelle Atmosphäre in die Meisterschaft. Das jetzige Medieninteresse und das Fernsehen erinnern mehr an Clubrennen. Da ist ein großer Unterschied zu letztem Jahr.
GT-One-Logo:Wie könnte man das verbessern?
CV: Ich glaube man müsste die offenen Sportwagen oder GT1 für die Serie gewinnen, Live-Übertragungen, und wenn dann einiges von der Technologie zurückkommt, vom Prestiege der Hersteller, die diese schönen schnellen Autos bauen, dann wird das Interesse auch zurückkommen.
GT-One-Logo:Wartet ihr schon gespannt auf die ALMS wenn sie nächstes Jahr nach Europa kommen sollte?
CG: Ich glaube wir werden noch dieses Jahr eine Reihe von Läufen zur ALMS mitmachen, um mal zu sehen wie die Serie ist. Ich glaube sie ist viel eindrucksvoller für die Fans. Ich glaube allerdings, daß wir beide nächstes Jahr sowieso in einem offenen Sportwagen sitzen werden. Das wird mehr Spaß machen und diese Serie entwickelt sich sehr, sehr gut.
CV: Ich glaube diese Meisterschaft hier könnte dasselbe wie die ALMS werden, wenn man offene Sportwagen und GT3-Fahrzeuge zulassen würde. Es ist nur eine Frage der FIA ob sie sowas zulassen würde.
CG: Und dann kannst du dieses Wochenende hier noch sehen, daß das Feld und der Anspruch dieser Meisterschaft nicht zusammenpassen. Obwohl das Feld sehr klein ist sind die Preise hier in Zolder sehr hoch. Die Fans bleiben bei solchen Preisen doch lieber zuhause. Die wollen doch nicht ein paar Porsches gegen ein paar Vipers bei solchen Preisen fahren sehen
GT-One-Logo: und dies ist noch einer der billigeren Veranstaltungen...
CV: Ja das ist sehr teuer geworden .

Einsatzfahrzeug von Vann&Gläsel
Die Viper der beiden Chamberlain-Christians in der Boxengasse von Zolder.

GT-One-Logo: Zu dir Christian (Glasel): dich kenn nicht viele Leute aus dem Sportwagenbereich. Was hast du vorher für Rennen gefahren ?
CG: Ja das stimmt. Dies ist meine erste Saison bei den GTs. Vorher habe ich einige Jahre historische Fahrzeuge gefahren. Das war alles was ich bisher in meinem Leben gefahren bin; historische F1 und Prototypen. Letztes Jahr bei einem Prototypenrennen hat mich dann jemand gefragt, ob ich nicht mal aktuelle Fahrzeug fahren wollte. Und dann habe ich dieses Jahr zuerst an 24h von Daytona teilgenommen.
GT-One-Logo: Und du Christian: du hast ja letzes Jahr den Marcos gefahren. Was sind die wesentlichen Änderungen? Wie fährt sich die Viper im Vergleich zum Marcos ?
CV: Um mit den Reifen zu beginnen: Der Marcos hat schmalere Hinterreifen. Mit der Viper fahren wir mit breiteren Reifen. Leider hat Cor damit dieses Jahr einen Nachteil. Den größten Unterschied macht aber das Getriebe aus. Im Marcos steckt ein sehr gutes Renngetriebe (mit Schaltwippe). In unserem Wagen haben wir ein konventionelles Schaltgetriebe, wie in der Straßenversion. Das bedeutet langsamere Gangwechsel und ist schwierig zu handeln. Aber sonst gibt es keine größeren Unterschiede in der Fahrweise, außer vielleicht noch, daß der Marcos die steifere Karosserie hat.
GT-One-Logo: Und gibts Unterschiede zwischen den Teams, MRI und Chamberlain ?
Naa, schon! Sie sind sehr verschieden, haben eine verschiedene Kultur, aber beide sind sehr gut.
GT-One-Logo: Welches sind die wesentlichen Unterschiede zwischen den Oreca Vipers und eurem Fahrzeug? Die Orecas scheinen immer eine Sekunde schneller zu sein !
CG: Nö, da gibts keine Unterschiede , die Wagen sind identisch. (Breites Grinsen)
CV: Die Sache ist, die sind mit der Entwicklung immer um 12 Monate voraus. Nächstes Jahr werden die Kunden das diesjährige Auto kaufen können, aber dann werden sie wieder einen 12-Monats-Vorsprung haben.
CG: Wir können uns eigentlich nicht darüber beschweren, denn ihre Entwicklungsarbeit kommt im Endeffekt uns zugute. Wir haben im Moment aber eher das Gefühl, daß Oreca jetzt weniger Entwicklungsarbeit in den Wagen steckt, weil sie nächstes Jahr nicht mehr die Viper fahren werden. Das sieht im Augenblick jedenfalls so aus. Uns wurde vor 2 Monaten ein sequentielles 6-Gang-Getriebe versprochen, das Oreca aber erst hier selber im Training ein paar Mal benutzt hat, das aber wohl immer noch nicht richtig funktioniert. Wir hoffen, daß wir das Getriebe noch diesen Sommer kriegen, aber es sieht nicht so aus.

Chamberlain Viper in Le Mans
Thomas Erdos, Christian Vann und Christian Glasel in Le Mans

GT-One-Logo: Was anderes: wie habt ihr Le Mans dieses Jahr erlebt ?
CG: In der Vorqualifikation hat es sehr gut angefangen: wir haben die zweitschnellste GT2-Zeit gefahren. Dann beim Rennstart haben wir erstmal 4 Stunden in der Box verbracht, mit Getriebeproblemen, nicht funktionierenden Einspritzpumpen, kaputten Anlassern, Unfällen. Erst um 2 Uhr in der Nacht ist der Wagen richtig gelaufen.
CV: Christian hatte leider einen kleineren Unfall mit einem Prototypen. Der hat ihn auf die Kerbs geschoben und das hat den Unterboden beschädigt, aber glücklicherweise geschah das direkt vor den Boxen, so haben wir nicht zuviel Zeit verloren.
CG:Die ganzen Reperaturen haben uns insgesamt 4 Stunden gekostet, aber von 2 Uhr an lief der Wagen wie ein Uhrwerk und sehr schnell. Und das hat uns im Nachhinein frustriert.
CV: Ja, wir waren ab dem Zeitpunkt schneller als unser Schwesterfahrzeug, welches dann im Endeffekt als Dritter angekommen ist. Wir waren zwar enttäuscht aber auf der anderen Seite auch zufrieden mit unserer Rennleistung. Zum Schluß haben wir dann doch eine gute Arbeit geleistet.
CG: Es hat ein paar Tage gedauert, ehe wir richtig realisiert haben, daß wir die 24 Stunden von LeMans beendet haben. Es war unsere erste Teilnahme an den 24 Stunden und wir hatten das Rennen trotz dem ganzen Ärger mit den Reperaturen beendet.
GT-One-Logo: Welches Programm hat das Team noch dieses Jahr für euch? Welche Rennen fahrt ihr noch?
CG: Wir werden noch 4 oder 5 ALMS-Rennen in den Staaten fahren, zusätzlich zu den FIA-GT-Rennen.
CV: Das Hauptproblem ist, daß die FIA uns immer noch nicht gesagt hat, wo die letzten Rennen stattfinden werden. Wir wissen noch nicht wo wir fahren werden, wir müssen unsere Sponsoren im Unklaren lassen, wir können noch keine genauen Pläne machen. Das ist alles sehr frustrierend und amateurhaft wie das hier abläuft. Also können wir auch nichts genaues über unsere Pläne sagen.
GT-One-Logo: Würdet ihr in Zukunft auch offene Sportwagen fahren, gerade an so warmen Tagen wie heute ?
CG: Ja, das wäre der Hauptgrund !
GT-One-Logo: ISRS oder ALMS?
CG: Ja, ISRS vielleicht. Nach den neusten Regularien ist es ja eine Europa-Meisterschaft. An diesem Wochenende fahren sie in Donington, mit einem Feld von 30 Autos und die Meisterschaft entwickelt sich noch weiter. Die Kosten sind vergleichsweise niedrig und man hat Möglichkeiten mit diesen Autos in den Staaten zu fahren. Und sie sind schnell und es macht mehr Spaß sie zu fahren.
CV: Die Medien zeigen mehr und mehr Interesse an diesen Autos, auch das Fernsehen. Die GT2 sind eine gute Schule um sich an den Grip und die Leistung dieser Sportwagen zu gewöhnen. Ich glaube, daß alle guten GT-fahrer sich in diese Richtung orientieren werden.
GT-One-Logo: Vielen Dank für das Gespräch und viel Glück fürs Rennen !

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