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10.8.99 ; von H.Gallinnis

Die Lastesel - 6. FIA-GT-Lauf in Oschersleben

Der Start zur 2.Halbzeit der FIA-GT-Meisterschaft 1999 erfolgte unter Abwesenheit zweier wichtiger Teams. Roock-Racing war nach Zolder ganz ausgestiegen und bereitete sich auf den Einstieg in die ALMS vor. Die Lister hingegen fehlten wegen des Doppellaufes der britischen Meisterschaft in Donington Park, den sie auch diesmal mit jeweils einem Sieg in beiden Klassen abschließen sollten. Somit traten nur 21 Autos in der Magdeburger Börde an. Wichtigster Neuzugang war der langerwartete neue Marcos, der in Oschersleben sein Renndebut erleben sollte, allerdings unter Abwesenheit von Teamchef Cor Euser, der zu einem Tourenwagenrennen in Zandvoord weilte.
Neuer Marcos
Der neue Marcos: tiefer, breiter und gemeiner - leider nur im Training

Ferner gab es ein Wiedersehen mit den letztjährigen regulären Startern Michael Trunk & Bernhard Müller die unter der Bewerbung von KRT-Racing, die zudem noch einem 2.Porsche 996 einsetzten, sowie der zweite Seikel-Porsche und der in Zolder noch fehlende Kunden-Roock-911 von Wolfgang Eschmann und Paul Hulverscheid. Eschmann hatte auf einen Start am Wochenende verzichtet und seinen Sitz Stephane Ortelli überlassen, der zusammen mit Massen Hulverscheid massiv unter die Arme griff.

Im Training konnte auch dieses Team just eine Überraschung landen und stellte den 911er, der wie gesagt in Zolder noch gefehlt hatte in die erste Startreihe. Der einzige Wagen, der zunächst noch schneller war, war die Belmondo-Racing Viper von Emmanuel Clerico, der den erkrankten Paul Belmondo an diesem Wochendende vertrat und von den Zusatzgewichten an den Oreca-Vipers profitieren konnte. Allerdings stellten die technischen Kommissare nach dem Training fest das PBR den Wagen wohl zu tief gelegt hatte. Wegen mangelnder Bodenfreiheit wurden der 21 alle Trainingszeiten gestrichen und die Mannschaft an das Ende des Feldes verbannt.
Karl Wendlinger hatte man gar 100kg, also das maximal zulässige Handikapgewicht ins Auto gepackt. Trotzdem schaffte der Kufsteiner noch die 3. Startposition. Dahinter folgte die GL-PK-Viper, die beiden Chamberlain Vipers mit Amorim/Seiler vor Vann Gläsel. Den Grund für den Viper-Lockout erklärte Christian Gläsel: "Dies hier ist eine Viper-Strecke mit schnellen Kurven, anders als in Zolder wo du die langsamen Haarnadelkurven hast. Auf diesen schnellen Kurven hier liegen unsere Viper viel besser als die Porsche." Den 7.Platz der Konrad-Mannschaft muß man unter dem Gesichtspunkt betrachten, daß nach einer Viertelstunde das Training für diese Mannschaft an einer der Betonmauern des Kurses endete. Amsonsten hätten Konrad & Wollek warscheinlich die Vipers noch mehr ärgern können. Erst hinter ihnen platzierte sich die 2.Oreca-Viper vom Meisterschaftszweiten Belloc, der wieder von Marc Duez unterstüzt wurde.

Das Warm-up lief dann schon ohne den Marcos ab. Nachdem im Training schon wieder ein Schaden am Antriebsstrang für eine kuze Vorstellung gesorgt hatte, legte ein Elektronikproblem in der Motorsteuerung den Boliden am Sonntag morgen lahm. Zwar war man im Team zuversichtlich den Schaden kurz vor Rennbeginn behoben zu haben, jedoch steckte der Wurm dann wohl nur noch tiefer im Wagen: man bekam den Wagen gar nicht erst aus der Boxengasse heraus. Damit fand auch in Oschersleben lediglich ein weiterer Lauf zur Porsche-Viper-Challange statt.

Start in Oschersleben
Start zum Rennen in Oschersleben: die belgische Viper hat sich schon an Karl Wendlinger vorbei auf Platz 2 geschoben

Beim Start zum Rennen vor ca.5000 Zuschauern und bei warmen schwül-sonnigem Wetter konnte Sascha Massen seine Pole durch die erste Kurve retten und Karl Wendlinger in der übergewichtigen Viper Nr.1, sowie Didier Defourny in der belgischen Viper, die auf Platz 2 vorschoß, in der Folge hinter sich halten. Der große Verlierer der ersten Runden war die Chamberlain Viper von Christian Gläsel, die die erste Runde als 9.abschlossen, während der mit dickem Hals gestartete Clerico sich alleine in der ersten Runde direkt mal um 8 Plätze verbessern konnte. In den ersten Runden bildeten sich im vorderen Feld 3 Gruppen. In der ersten kämpften Massen, Defourny und Wendlinger um die Führung, wobei der Deutsche permanent die Oberhand behielt, während der Belgier sich in der 4.Runde dem langen Karl beugen mußte.
Führungsgruppe
Die Spitzengruppe: Maassen vor Defourny und Wendlinger

In der zweiten Gruppe kämpften Franz Konrad und Jean-Phillipe Belloc um den 5.Platz. Dahinter bildete sich ein D-Zug aus der  PBR-Viper von Jean-Marc Gounon, der an diesem Wochenende das Volant des DAMS-Lola mal mit dem der Viper von Stefen Widmann vertauschte, den beiden Chamberlain-Vipers und dem mittlerweile aufschließenden Clerico. Zumindest bis zur 5. Runde, als Gounon zur Freude der Zuschauer und der Chamberlain-Piloten eine seiner beliebten Einlagen zum Besten gab.
Dreher Gounon
Gounon vertut sich und die Chamberlain-Vipers profitieren davon

Da die belgische Viper immer mehr zurückfiel - Getriebeprobleme bahnten sich an - lief es in der Anfangsphase an der Spitze auf zwei Duelle Porsche gegen Chrysler hinaus. Während dabei Jean Phillipe Belloc gegen Franz Konrad nach der 11ten Runde triumphieren konnte, hielt Maassen Wendlinger konstant in Schach und konnte ab der ca. 20.ten Runde sogar eine deutliche Distanz aufbauen. Die Reihung zu dieser Zeit lautete #5 (Maassen) vor #1 & #2 (Orecas), #21 (Clerico), #6 (Wollek), #33 (Defourny), sowie Amorim, Gounon, Kaufmann, Gläsel, Trunk und Jurasz.

Leaders
Duell #1: Massen gegen Wendlinger Duell #2: Wollek gegen Belloc

Nach ca. 40min kam Karl Wendlinger zum ersten Boxenstop hinein, wobei er gleich an seinen Partner Olivier Beretta übergab. Die Jagd nach Maassen hatte er aufgegeben: "Maassen war zu stark. Ich hätte ihn nicht überholen können ohne zuviel zu riskieren." gab er später zu Protokoll. Mit frischen Reifen gelang seinem Partner Belloc allerdings dieses Manöver 10min später als Zurückrundung.


Ca. 30.te Runde: Belloc geht auf der Strecke an dem eine Runde vor ihm liegenden Maassen vorbei

Die Eschmann-Mannschaft hatte dagegen, wie es sich jetzt abzeichnete, ihrem schnellsten Piloten einen Mammutstint von 50 Runden ins Lastenheft geschrieben, den dieser auch klaglos absolvierte, obwohl die Rundenzeiten im letzten Drittel nicht sehr berauschend waren. Nach dem Stop des Roock-Sportsystems-911er lag dieser dann auch an der dritten Stelle - hinter den beiden Oreca-Vipers, die den Kurs zuverlässig wie Uhrwerke, trotz ihrer Zusatzgewichte von 100 bzw 60kg, umkreisten.
Wie konnte es zu dieser gewohnten Konstellation kommen, obwohl im Abschlußtraining alles nach einem guten Rennen für die anderen Teams ausgesehen hatte? Nun: erstens hatte man das Timing im Abschlußtraining , wie man später unumwunden zugab, ein wenig verschlafen. Zudem hatten die Kontrahenten fast alle bis zu diesem Zeitpunkt mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Die belgische GLPK-Viper war genau wie die PBR-Viper von Gounon wegen eines Getriebeschadens an der Box gestrandet. Die gute Aufholjagd von Emanuele Clerico wurde von seinem Co Gosselin leider nicht mit gleicher Vehemez fortgeführt. Das selbe Problem hatte nun auch das Eschmann-Team mit dem Stint von Paul Hulverscheid, den man wohlweislich nur für eine kurze Phase ins Auto ließ, ehe Stefan Ortelli wieder für den Schlußturn übernahm. Der Proton-porsche und der 996 des KRT-Teams, langsamster Wagen auf der Strecke, während das mit dem 3,8l-Motor ausgestattete Schwesterauto von Trunk/Müller zeitweise 10. war, waren ebenfalls schon ausgefallen. Als nächsten schien es den Konrad-Porsche mit Chef Franz Konrad am Steuer zu erwischen:

Probleme bei Konrad
Franz Konrads mysteriöser Fast-Ausfall: 3min später lief der Wagen wieder anstandslos.

Der Wagen rolte am Ende der Gegengrade ohne Vortrieb aus und wurde zuerst einmal von der Strecke geschoben. "Mir ist auf einmal der Saft weggeblieben - nichts lief mehr." rapportierte Franz Konrad später. "Dann habe ich die Hauptsicherung rausgeholt und wieder reingedrückt, danach war alles wieder in Ordnung. Der Wagen brauchte wohl nur mal eine Pause." Konrad setzte seine Fahrt ohne Boxenbesuch fort.

Nach ca.90min Fahrzeit führten die beiden Oreca-Vipers #1 und #2 vor dem Porsche #5 und den beiden Chamberlain-Fahrzeugen #18 und #19, alle noch in der selben Runde. Eine Runde dahinter fuhr der nagelneue Porsche #15 des Freisinger-Teams und eine weitere Runde dahinter die verbliebene PBR-Viper#21 von Gosslin, Konrad (#6) und der Trunk/Müller-Porsche#35. Für die beiden letztgenannten gingen die Probleme allerdings wenig später erst richtig los. Während für Trunk&Müller nach einem Getriebeschaden ihre amsonsten tadellose Fahrt viel zu früh beendet war (mehr zu diesem Team in den nächsten Wochen auf diesen Seiten), kam Bob Wollek nach der Übernahme von Konrad nach schon wenigen Runden wieder rein. "Er sagte mir das Auto schwimmt auf der Hinterachse, ´so kann ich nicht fahren! ´. Wir haben alles gecheckt aber nichts gefunden. Ich vermute mal es war ein Differentialproblem. Als er danach noch mal hineinkam hat er mich sogar gefragt ob ich weiterfahren will . Die Lastwechselreaktionen waren ihm nicht geheuer. Ich habe gesagt ´Komm mach weiter´ und siehe da: es wurde im Laufe des Rennens immer besser. Zum Schluss ist er sogar niedrige 1:29´´er Zeiten gefahren. Da habe ich über Funk gesagt: `Siehst du so schlimm kann das doch nicht gewesen sein ` !" (O-Ton Franz Konrad).


Karl Wendlinger wird von seiner Crew perfekt umsorgt
Nach dem Boxenstop, der führenden Viper, bei dem Wendlinger wieder von Beretta übernahm, beeilte sich der Kufsteiner die Führung noch zu zementieren. Jean-Phillipe Belloc, der zwischenzeitlich wieder von Marc Duez übernommen hatte, konnte sich dann auch wieder an den beiden Chamberlain-Vipern vorbeidrücken. Diese beiden, die auf der Strecke unmittelbar hintereinander herfuhren, unterhielten das Publikum und die Fernsehzuschauer in der letzten Phase des Rennens. Mehrfach attakierte Christian Gläsel seinen Teamkollegen Toni Seiler und konnte kurz vor Schluß sogar am Auto des Eidgenossen vorbeiziehen. Das Auto des Deutschen hatte jedoch aufgrund der Aufholjagd ein garstiges Untersteuern entwickelt, weshalb der Deutsche den gerade erst erworbenen 3. Platz bald wieder räumen mußte.

Chamberlain-Duell
Die beiden Chamberlain-Fahrzeuge sorgten in der Endphase noch einmal mit einem harten, aber fairen Kampf für Spannung im Rennen - es blieb dann bei Seiler/Amorim vor Gläsel/Vann

"Er ist neben mich gezogen, als ich immer mehr am Herumrutschen war. Ich habe ihm dann die Tür aufgelassen, damit wir uns nicht berührten, vielleich war das zu nett.", gab ein untröstlicher Christian Gläsel später zu Protokoll. "Du hättest reinhalten sollen. Ich hätte ihn in die Reifenstapel geschickt. Die haben ja schließlich schon in Zolder einen Pokal abgeräumt." frotzelte Christian Vann daraufhin. Hugh Chamberlain und Toni Seiler standen daneben und grinsten.

Nur 20 Minuten vor Ende des Rennens war dann für den bis dahin härtesten Konkurrenten der Oreca-Vipers Schluß. Der Eschmann-Porsche Nr.5 mit Stefan Ortelli am Steuer mußte schließlich mit einem Getriebeschaden aufgeben. Und dies obwohl er konstant auf die zweit-platzierte Viper aufholte. Die Enttäuschung stand dem Team ins Gesicht geschrieben.

Zielflagge für Oreca
Doppelsieg für die Oreca-Vipers

Somit führ Oreca auch im 6.Lauf den 6.Sieg und den 5.Doppelsieg in der diejährigen Meisterschaft hinaus. Und dies trotz der Zusatzgewichte, die bei diesem Team überhaupt nicht zu greifen scheinen. Hinter den Chamberlain-Autos, war der Freisinger-Porsche der einzige Zuffenhausener Wagen, der einmal mehr in den Punkten war, was Wolfgang Kaufmann zu einer Becker-Säge veranlasste: "Jjjaa! Wieder Punkte geholt, und das trotz der Abstimmungsschwierigkeiten, die wir mit dem Wagen hatten. Die Mechaniker haben wirklich das ganze Wochenende am Auto gearbeitet." Mit dem letzten Punkt konnten Clerico/Gosselin ihre Pseudo-Pole wenigstens in ein zählbares Ergebnis ummüntzen.

Podium Oschersleben
Das Podium von Oschersleben: Ollivier Beretta / Karl Wendlinger vor Duez/Belloc und Seiler/Amorim
 

Was bleiben noch für Schlüsse aus diesem Rennausgang zu ziehen? Kann man Karl Wendlinger und Ollivier Beretta überhaupt mit Zusatzgewichten noch einbremen? Um noch mehr Blei in den Wagen zu packen müsste Oreca die Viper mit einer Anhängerkupplung & einem Hänger austatten. Da im Reglement derartige Gefährte nicht zugelassen sind, wird es wohl bei den 100 kg im Hauptfahrzeug bleiben müssen.
Donington hat zwar auch schnelle Kurven, jedoch ist die Melboure-Hairpin eine Belastungsprobe für jede Bremsscheibe. Möglich, daß die Porsches dort ein wenig besser aussehen. Außerdem sind dort die schärfsten Gegner der Vipers wieder am Start - die Lister, die den Schlangen dort so richtig einheizen werden. Schließlich gewannen die GT2-Lister dort dieses Wochenende schon ihre Klasse, einmal sogar als Doppelsieg. Vom Marcos wollen wir hier mal nicht mehr reden - obwohl wir es gerne täten ...

Endergebnis

Platz Nr. Fahrer Fahrzeug Runden
1 1 Olivier Beretta/Karl Wendlinger Chrysler Viper GTS-R 117 
2 2 Jean-Philippe Belloc/Marc Duez Chrysler Viper GTS-R 117
3 18 Ni Amorim/Toni Seiler Chrysler Viper GTS-R 117
4 19 Christian Glasel/Christian Vann Chrysler Viper GTS-R 117
5 15 Wolfgang Kaufmann/Michel Ligonnet Porsche 911 GT2 116
6 21 Emmanuel Clerico/Claude-Yves Gosselin Chrysler Viper GTS-R 115
7 8 Patrick Vuillaume/Axel Rohr/Luca Cappellari Porsche 911 GT2 112
8 6 Franz Konrad/Bob Wollek Porsche 911 GT2 112
9 77 Robert Nearn/Ernst Palmberger/Nigel Smith Porsche 911 GT2 112
10 16 Manfred Jurasz/Yukihiro Hane Porsche 911 GT2 112
11 24 Horst Felbermayr Sr./Horst Felbermayr Jnr. Porsche 911 GT2 111
12 78 Chris Vogler/Ruggero Grassi Porsche 911 GT2 109
13 9 Roberto Mangifesta/Ivan Jacoma/Mauro Casadei Porsche 911 GT2 107
14 5 Stephane Ortelli/Sascha Maassen/Paul Hulverscheid Porsche 911 GT2 102

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